Kurzinfo:
Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Dafür wäre
es nötig, dass die Netto-Treibhausgasemissionen
schrittweise sinken. Im Vergleich zu 1990 müssten es
bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger sein. Bisher
waren nur 40 Prozent angestrebt. Der Vorschlag der
EU-Kommission im Rahmen des Paketes "Fit for 55" betrifft auch den
Gebäudebereich. Wie reagieren die deutsche
Wirtschaft und Wissenschaft? Wir lassen wichtige
Vertreter hier zu Wort kommen:
BEE begrüßt
das
umfangreiche Maßnahmenpaket zum Erreichen der
erhöhten Klimaschutzziele und der Klimaneutralität,
sieht jedoch auch Mängel

Bild 3:
BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter: "Es ist
richtig und wichtig, dass nun ein Paket auf dem
Tisch liegt, das die Ziele mit konkreten
Maßnahmen unterfüttern soll. Leider werden in
der Erneuerbare-Energien-Richtlinie keine
verpflichtenden Ausbauziele auf Ebene der
Mitgliedsstaaten vorgeschlagen, wodurch die
immer noch zu niedrigen EU-Ziele abgesichert
werden."
©
Foto: BEE
Das 'Fit for
55'-Paket wäre als Hebel für den beschleunigten
Ausbau der Erneuerbaren Energien von zentraler
Bedeutung. Mit 40 Prozent läge der Anteil aber
weiter unter dem notwendigen und machbaren Ziel
von mindestens 45 Prozent Erneuerbare Energien
bis 2030. So laufe die EU sonst Gefahr, den
Klimaschutz und die überfällige Modernisierung
der Wirtschaft zu vernachlässigen.
Vermeintlich
notwendige Brücken wie blauer Wasserstoff und
daraus hergestellte synthetische Kraftstoffe
zementierten durch zu lange Förderzeiträume ein
überkommenes Energiesystem. Aufgrund
langfristiger Investitionszyklen und damit
verbundener Pfadabhängigkeiten drohten somit
nicht nur ökologische, sondern auch enorme
ökonomische Risiken, wenn durch weiter steigende
CO2-Preise fossile Energien noch
unwirtschaftlicher werden. Stattdessen brauche
es Mechanismen, die die Transformation hin zu
sauberen Technologien beschleunigen, sowie einen
stärkeren Fokus auf den direkten Einsatz von
Erneuerbaren Energien in den Sektoren Gebäude
und Verkehr. Das sei in der Regel günstiger und
schneller als die Umwandlung in Sekundär- oder
Tertiärenergieträger. Und für den Klimaschutz
gelte: No carbon sei die wirkungsvollere
Strategie als low carbon!
Positiv sieht der BEE die verbindlicheren
Festlegungen zur europäischen Zusammenarbeit für
länderübergreifende Projekte. Die Verpflichtung
für Mitgliedsstaaten, in Grenzgebieten besser
zusammenzuarbeiten und hierfür konkrete
Ausbauziele festzulegen, sei zu begrüßen. Denn
hier gäbe es oft bereits Strukturen auf anderen
Ebenen der Kooperation. Auch die
Rahmenbedingungen für PPAs würden verbessert und
der EU-Emissionshandel (ETS) reformiert. Die CO2-Bepreisung
im Bereich Wärme und Verkehr über den ETS sei
eine wichtige Bedingung für fairen Wettbewerb.
Gleichzeitig seien für längere Zeit noch
THG-Minderungsquoten, Effizienzvorgaben und
gezielte Förderprogramme notwendig.
Nun müsse die EU
die Zukunft mutig in den Fokus nehmen und
konkrete Maßnahmen für einen klugen
Instrumenten-Mix zur umfassenden und zügigen
Minderung von Treibhausgas-Emissionen bis 2030
ausgestalten. Eine Treibhausgasneutralität
deutlich vor Mitte des Jahrhunderts sei hierbei
bereits mitzudenken.
Weitere
Informationen: Bundesverband Erneuerbare Energie
e.V., Berlin,
www.bee-ev.de

PIK: Klimapaket Fit for 55 /
Green Deal der Europäischen Kommission ist ein
großer Wurf - da gibt es kein Zurück mehr

Bild 4: Ottmar
Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts
für Klimafolgenforschung (PIK): "Das
Politikpaket der EU für die Stabilisierung
unseres Klimas ist das bislang umfassendste
seiner Art, und es knüpft an vieles an, was die
Forschung entwickelt hat."
©
Foto: David
Ausserhofer / PIK
Europa schaffe
einen zweiten Emissionshandel, nämlich für
Transport und Gebäudewärme, zusätzlich zu dem
für Strom und Industrie. Das hätte fundamentale
Bedeutung für unsere gesamte Wirtschaft: fast
alle Bereiche würden nun von der CO2-Bepreisung
erfasst. Dass die EU jetzt ein robustes System
der CO2-Bepreisung geschaffen hätte,
sei zugleich auch die Voraussetzung dafür, dass
sie mit den USA und China wirksam verhandeln
könne über mehr internationale Kooperation für
die Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen.
Wetterextreme weltweit sprächen eine deutliche
Sprache: Nur mit entschlossenem Handeln könnten
wir die Kosten und Risiken noch begrenzen, für
eine sichere Zukunft für alle.
Weitere
Informationen:
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK),
www.pik-potsdam.de

dena begrüßt es, dass alle
Sektoren wesentlich zur Steigerung
der Energieeffizienz beitragen sollen

Bild 5: Andreas
Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung
der dena: "Wir begrüßen sehr, dass alle Sektoren
einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der
Energieeffizienz durch eine Verbrauchsminderung
bei der End- und Primärenergie leisten sollen.
In diesem Sinne ist die mit der Revision der
Energieeffizienzrichtlinie vorgesehene Stärkung
des Prinzips "Efficiency First" in Verbindung
mit einem verbesserten Monitoring-System sehr zu
begrüßen."
©
Foto: Deutsche
Energie-Agentur GmbH (dena)/photothek
Das "Fit for
55"-Paket der EU weise den Weg zur Erreichung
der europäischen Klimaschutzziele. Es sei ein
wahrhaft umfangreiches Paket, das den Versuch
unternehme die ambitionierten und auch
erforderlichen Klimaschutzziele mit einer
insgesamt stimmigen Architektur zu verbinden.
Das Paket beeindrucke durch die
Vielschichtigkeit der angegangenen
Maßnahmen-Vorschläge. Es würde die Debatte über
die europäische und auch die jeweiligen
nationalen Klimapolitiken in den kommenden
Jahren bestimmen. Es sei ganz eindeutig, dass
die EU in diesem Fragenkomplex die Richtung
vorgebe und das sei auch sehr zu begrüßen. Die
vielleicht spannendsten Aspekte seine die
Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf
die Sektoren Verkehr und Wärme und die geplante
Einführung einer CBAM. Von der konkreten
Ausgestaltung und dem Gelingen vor allem dieser
Aspekte würde viel abhängen für die europäische
Industriepolitik aber auch für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt auf dem Weg zur
Klimaneutralität.
Weitere
Informationen: Deutsche Energie-Agentur GmbH
(dena),
www.dena.de

DENEFF lobt höhere Priorität
für Energieeffizienz, sieht aber weiterhin Luft nach
oben
Die Deutsche
Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF)
lobt insbesondere Entwurf zur Novellierung der
Energieeffizienzrichtlinie, die den Rahmen für
über 400 Millionen Verbraucher in Europa
absteckt. Durch eine entsprechende Novellierung
würden Unternehmen in ganz Europa mehr
Planungssicherheit erhalten für Investitionen in
Energieeffizienz.

Bild 6:
Christian Noll, geschäftsführender Vorstand
der DENEFF: "Die Europäische Kommission setzt
ein deutliches Zeichen für mehr
Energieeffizienz. Auch wenn noch Luft nach oben
ist, kommt das Paket zum richtigen Zeitpunkt.
Mit der Priorisierung von Investitionen in
Energieeffizienz wird die wirtschaftliche
Erholung nach der Corona-Krise in nachhaltige
Bahnen gelenkt. Wir zählen auf die neue
Bundesregierung, dass sie das Thema in Europa
und Deutschland beherzter vorantreibt."
©
Foto: DENEFF
Bis dato lag das
Energieeinsparziel bei 32,5 Prozent. Kern des
Vorhabens sei nun ein erhöhtes
Energieeinsparziel, dass einem Wert von 39
Prozent entspräche. Die Bundesregierung hätte
sich zuvor für eine deutlichere Erhöhung
eingesetzt. Auch die DENEFF betont, dass im
Sinne der ökonomischen und sozialen Vorteile
einer ambitionierten Energieeffizienzpolitik ein
deutlich höheres Ziel wünschenswert gewesen
wäre. Die Novellierung sehe eine deutliche
Stärkung des Prinzips Efficiency First vor. Das
seien gute Nachrichten für eine bezahlbare
Energiewende und die zukünftigen Energiekosten
Während die
übergeordneten Effizienzziele für die
Mitgliedstaaten weiterhin rein indikativ sein
sollten, verpflichte der "Königsartikel" Artikel
8 der Richtlinie die Mitgliedstaaten zu
Maßnahmen zur Erreichung jährlicher
Effizienzfortschritte. Hier solle das jährliche
Einsparziel ab 2024 sehr deutlich von 0,8 auf
1,5 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig wolle
die Kommission die tatsächliche Wirkung
steuerlicher Maßnahmen stärker überprüfen. Aus
Sicht der DENEFF sei der Entwurf ein Schritt in
die richtige Richtung und sollte ein Stein des
Anstoßes sein für die neue Bundesregierung, auch
in Deutschland beherzter vorzugehen beim Thema
Energieeffizienz. In der Vergangenheit gingen
erfolgreiche nationale Instrumente wie der
Nationale Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE)
auf diesen Artikel zurück.
Weitere
Informationen: Deutsche Unternehmensinitiative
Energieeffizienz e.V. (DENEFF),
www.deneff.org

GDW: Wohnungswirtschaft begrüßt
die geplante sozial verträgliche Umsetzung –
Emissionshandel bei Gebäuden braucht Preisobergrenze
Die
Wohnungswirtschaft begrüßt grundsätzlich, dass
die EU für ihre ambitionierten Klimaziele
Hilfsmaßnahmen für finanziell schwächere
Haushalte vorsieht. Die EU-Kommission beschreite
mit ihren Plänen einen sehr ähnlichen Weg wie
der GdW mit seinem neu entwickelten Konzept
einer Klima-Plus-Förderung. Dabei handele es
sich um das erste allumfassende Konzept, mit dem
die erhöhten Klimaziele beim Wohnen annähernd
warmmietenneutral umgesetzt und gleichzeitig
langfristig günstige Mieten gesichert werden
könnten. Die Klima-Plus-Förderung sei zusätzlich
zur bestehenden Bundesförderung notwendig.

Bild 7: Axel
Gedaschko, Präsident des GdW: "Wir brauchen
ein neues, langfristiges Versprechen für
bezahlbare Mieten, um die sehr ambitionierten
Klimaziele beim Wohnen sozial verträglich
umsetzen zu können. Nur so kann bezahlbares
Wohnen dauerhaft für breite Schichten der
Bevölkerung gesichert werden."
©
Foto: GdW / Nils
Hasenau
Zum
Klima-Gesetzespaket "Fit for 55" der
Europäischen Kommission erklärt Axel
Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes
der Wohnungswirtschaft GdW: „Das EU-Klimapaket
ist ein mutiger Plan mit vielen Ideen, wie man
die Klimaziele auch tatsächlich erreicht. Er
sollte allerdings offen sein für weitere gute
und vielleicht noch bessere Ideen. Aber: der
Anfang ist gemacht.
Die erhöhten
Klimaziele müssen sozial verträglich umgesetzt
werden. Das gilt insbesondere für das Wohnen als
Lebensmittelpunkt der Menschen. Deshalb begrüßen
wir die im Paket der EU-Kommission enthaltenen
Vorgaben, nach denen Haushalte mit niedrigen
Einkommen besonders unterstützt werden sollen.
Die Einnahmen eines Emissionshandels im
Gebäudesektor sollten dazu in die Unterstützung
finanziell schwächerer Haushalte bei der
Umsetzung von klimaschützenden Maßnahmen
fließen."
Die GdW sieht
folgende Aspekte sehr kritisch:
-
die
vorgeschlagene Ausgestaltung des geplanten
Emissionshandels für den Gebäudebereich;
-
Wohnungen von
kommunalen Unternehmen könnten unter die
geplanten schärferen Anforderungen fallen,
die für Gebäude der öffentlichen Hand
gelten;
-
fehlende
eindeutige und praktikable Regeln für Strom,
der vor Ort erzeugt und durch die Mieter
innerhalb des Quartiers verwendet wird;
-
Ausbleiben des
dringend notwenigen Paradigmenwechsels: Alle
Quellen erneuerbarer Energien vor Ort
müssten sehr einfach genutzt werden können,
denn nur die Nutzung erneuerbarer Energien
führe zur Klimaneutralität,
Weitere
Informationen: GdW Bundesverband deutscher
Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.,
Berlin,
www.gdw.de

ZIA
begrüßt "Fit for 55"-Paket – Umsetzung muss
praxistauglich, wirtschaftlich und technologieoffen
sein
Der Zentrale
Immobilien Ausschuss (ZIA), Spitzenverband der
Immobilienwirtschaft, begrüßt das
veröffentlichte „Fit for 55“-Paket der
Europäischen Union. Die höheren klimapolitischen
Ziele für 2030 stellen eine große
Herausforderung für den Gebäudesektor dar.

Bild 8:
ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner: "Der
ZIA wird die Maßnahmenvorschläge genau prüfen
und sich im Legislativ-Verfahren für
praxistaugliche, wirtschaftliche und
technologieoffene europäische Regelungen
einsetzen."
© Foto: ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA)
e.V.
Im Sinne der Better Regulation-Grundsätze sei zudem darauf zu
achten, bürokratischen Aufwand so gering wie
möglich zu halten. Aufgrund der großen
Auswirkungen auf unseren Wirtschaftssektor und
damit auch auf das Leben von Millionen von
Menschen, die in unseren Gebäuden wohnen und
arbeiten, brauche es Lösungen, die gemeinsam mit
der Wirtschaft entwickelt werden. Die
Immobilienwirtschaft stehe mit Ihrer Expertise
bereit, um praxistaugliche Lösungen für mehr
Klimaschutz zu finden.
ZIA bewertet die
Novellierung der "Renewable Energy Directive – RED"
folgendermaßen: Im Sinne der Umsetzung der
ambitionierten Klimaziele gelte es, die Rahmenbedingungen zur
Nutzung aller erneuerbarer Energien im Gebäude
weiter zu verbessern. Der ZIA unterstütze das
Ziel eines gemeinsamen Rahmens für die Förderung
von Energien aus erneuerbaren Quellen. Maßnahmen
müssten jedoch marktgerecht und auf die spezifische
Situation des jeweiligen Gebäudes zugeschnitten
werden. Auch die nicht unmittelbar
gebäudebezogenen Träger erneuerbarer Energie
müssten in die Bilanzierung einbezogen werden,
beispielsweise Solarstrom aus PV-Anlagen im Quartier.
Weitere
Informationen: ZIA Zentraler Immobilien
Ausschuss (ZIA) e.V.,
www.zia-deutschland.de


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