Kurzinfo:
"Treibhausgasemissionen stiegen 2021 um 4,5
Prozent im Vergleich zu 2020" meldete das
Umweltbundesamt am 15. März 2022. Mit Blick auf den
gewünschten klimaneutralen Baubestand 2050 eröffnet
die Innovationsklausel des GEG 2020 bereits heute
die Chance, die Klimaeffizienz von Gebäuden als
Maßstab für Neubau und Sanierung zu nutzen. Unser
Kurzbericht und
tabellarische Übersicht zeigen auf, wie sich
die gesetzlichen Anforderungen gestalten.
Da Heizungsabgase
von Gebäuden keine Ländergrenzen kennen,
haben die Gremien der Europäischen Gemeinschaft
bereits in den 80-er Jahren die Lösung dieses
Problem in ihre mit Agenda aufgenommen. Die erste
relevante EU-Richtlinie von 1992 hatte demgemäß "die
Wirkungsgrade von mit flüssigen oder gasförmigen
Brennstoffen beschickten neuen
Warmwasserheizkesseln" im Visier. Doch bereits
die nächste EU-Richtlinie von 1993 setzte sich
zum Ziel, die Emissionen von Kohlendioxid durch
eine effizientere Energienutzung zu begrenzen.
Ab 2002 nahm die erste EU-Gebäuderichtlinie
deren
Gesamtenergieeffizienz "unter die
Lupe". Zu den Gründen zählte auch, dass "… Mineralöl, Erdgas und feste
Brennstoffe, die wichtige Energiequellen
darstellen, aber auch die größten Verursacher
von Kohlendioxidemissionen sind." Fachleute
kennen diese Richtlinie unter ihrer englischen
Abkürzung "EPBD" (Energy Performance of
Buildings Directive). Inzwischen haben die
EU-Gremien diese Richtlinie zweimal novelliert –
2010 und 2018. Im Herbst 2021 stellten sie den
Entwurf für die nächste EPBD-Novelle vor. Sie
unterstützt die Vision, bis 2050 einen
emissionsfreien Gebäudebestand zu erreichen. Als
erster Schritt sollen die
Netto-Treibhausgasemissionen - im Vergleich zu
1990 - bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent sinken.
Bisher waren nur 40 Prozent weniger angestrebt.
Im Originaldokument des Richtlinien-Entwurfs
heißt es für 2050 auf Englisch "zero-emission building stock"
- also ein emissionsfreier Baubestand. Die
Treibhausgasemissionen durch bestehende und neue
Gebäude sollen also bis zum Jahr 2050 auf null
sinken.
Das neue
Gebäudeenergiegesetz ist seit dem 1. November 2020 in Kraft.
Im 7. GEG
Teil (Vollzug) regelt das Gesetz im
§
103 (Innovationsklausel) die hier
besprochenen Ausnahmeregeln. Während der
Diskussionen zur Fortschreibung des
Energieeinsparrechts für Gebäude, hatten sich
viel Stimmen für einen Paradigmenwechsel
angesichts des GEG ausgesprochen: Weg vom
Primärenergiebedarf als Maßstab zur
Energieeffizienz und hin zu
Treibhausgasemissionen als Maß für die
Klimaeffizienz von Gebäuden. So kam es mit dem zeitlich
befristeten "Praxis-Experiment
Innovationsklausel" zu einem Kompromiss,
dem allerdings nur drei Probejahre
vergönnt sind. Im ersten Absatz
des § 103 regelt das Gesetz die zeitliche Befristung und benennt auch die im
Vollzug zuständigen Behörden: "Bis zum 31.
Dezember 2023 können die nach Landesrecht
zuständigen Behörden auf Antrag nach
§ 102
(Befreiungen) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 von den Anforderungen
des
§ 10
(Niedrigstenergiegebäude) Absatz 2 befreien …".
Dieser GEG-Paragraph regelt in Absatz 3 auch den
alternativen "Quartiersansatz", d.h. mehrere
Gebäude, die in räumlichem Zusammenhang stehen,
können die GEG-Anforderungen gemeinsam erfüllen.
In diesem Bericht beschränken wir uns auf den
ersten Absatz des
§
103 (Innovationsklausel).
In
§ 102
(Befreiungen) regelt das GEG, unter
welchen Umständen die zuständigen Behörden
Bauherren und Eigentümer von den
GEG-Anforderungen auf Antrag befreien können.
Dies kann aufgrund von folgenden Argumenten
erfolgen.
-
Innovative
Lösungen: Bauherren oder Eigentümer von
Bestandsgebäuden wollen die Ziele des GEG im
gleichen Umfang durch andere als die
gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen
erreichen.
-
Unbillige
Härte: Wenn Eigentümer von
Bestandsgebäuden die GEG-Anforderungen im
Einzelfall wegen ihrer besonderen Umständen
nur durch einen unangemessenen Aufwand
erfüllen könnten, liegt eine unbillige Härte
vor und sie können auch einen
Befreiungsantrag stellen. Oder wenn sich die
erforderlichen Aufwendungen nicht innerhalb
einer angemessener Frist durch
Energieeinsparungen amortisieren.
Antrag: Interessierte
Bauherren und Eigentümer müssen sich zunächst
von dem "üblichen gesetzlichen Weg nach GEG" auf
Antrag befreien lassen. Konkret betrifft dies
folgende energetischen Anforderungen des
Gesetzes:
Welche
Anforderungen der Bauherr oder Eigentümer gemäß
der Innovationsklausel des GEG erfüllen muss,
haben wir in folgender Tabelle übersichtlich
zusammengefasst:
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GEG-Anforderungen nach Innovationsklausel -
Übersicht für Neubau und Änderungen im
Baubestand
Für die
aufgeführten energetischen Anforderungen in der
Tabelle berechnet der beauftragte Planer die entsprechenden Kennwerte.
Er zeigt damit auch auf, dass das neu geplante oder geänderte
Bestandsgebäude die genannten Höchstwerte nicht
überschreitet. Als wichtigste Messlatte gelten
die Treibhausgasemissionen,
d.h. die Umweltbelastung durch das Gebäude
während es in Betrieb ist. Wie diese Emissionen
berechnet werden, regelt das GEG in
Anlage 9
(Umrechnung in Treibhausgasemissionen). Dafür
stellt das Gesetz auch die Tabelle mit den
Emissionsfaktoren bereit. Gemessen werden sie in
Gramm Kohlendioxid-Äquivalent pro Kilowattstunde
[g CO2-Äquivalent pro kWh].
Grundsätzlich berechnet der Planer
die Menge von Treibhausgasen, welche ein Gebäude
während seines Betriebes emittiert, aus dem
Produkt des ermittelten Endenergiebedarf des
Gebäudes und dem Emissionsfaktor des
eingesetzten Energieträgers. Doch das GEG listet
auch spezielle Situationen, bei denen gesonderte
Regeln gelten.
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GEG-Anforderungen nach Innovationsklausel -
Übersicht für Neubau und Änderungen im
Baubestand
Spätestens ein
Jahr nachdem die Maßnahmen abgeschlossen sind,
für welche der Bauherr oder Eigentümer die
Ausnahmeregeln der Innovationsklausel
wahrgenommen hat, muss er der zuständigen
Landesbehörde über seine wesentlichen
Erfahrungen berichten. Es sind insbesondere
Erfahrungen zu den "Investitionskosten,
Energieverbräuche und, soweit synthetisch
erzeugte Energieträger in flüssiger oder
gasförmiger Form genutzt werden, über die
Herkunft, die Erzeugung und die Kosten dieser
Energieträger sowie die Bestimmung der
Treibhausgasemissionen..."
Die
Bundesländer können der Bundesregierung Daten aus den
Erfolgsberichten zur Verfügung stellen, damit
sie diese zentral auswerten können für die
Fortschreibung des GEG.
Das
GEG 2020 eröffnet eine alternative Option, einen
Neubau oder ein geändertes Bestandsgebäude nicht
wie bisher, sondern anhand seiner
Treibhausgasemissionen energetisch zu bewerten.
Allerdings ist dies nur ein erster Schritt in
die Klimaneutralität-Richtung. Soweit
beurteilt das GEG 2020 die Emission der
Treibhausgase nur während des
Gebäudebetriebes. Sie beziehen sich
auch nur auf die eingesetzte Analgentechnik und
Energieträger. Doch im Zuge der Produktion, des
Transportes der Baumaterialien und der
Errichtung eines Gebäudes werden ebenfalls
Treibhausgase produziert. Deshalb ist der Ansatz, künftig den gesamten
Lebenszyklus von Gebäuden zu berücksichtigen,
auf lange Sicht, der richtige Weg.
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