Kurzinfo:
Die Abgeordneten des Bundestages haben am 25. März
2022 die zeitliche befristete Änderung des § 246
Baugesetzbuch (BauGB) beschlossen. Damit können
Kommunen bis Ende des Jahres 2024 auch in
Gewerbegebieten erlauben schnell und unbürokratisch
Unterkünften für Geflüchtete aus der Ukraine zu
bauen. Die Initiative kam von den Bundesländern,
über den Bundesrat. Die KfW hat das Sonderprogramm
"Flüchtlingseinrichtungen" mit insgesamt 500
Millionen Euro aus Eigenmitteln für Kommunen neu
aufgesetzt. Mit diesen Mitteln können
Flüchtlingsunterkünfte auf- oder ausgebaut werden,
ausgestattet mit einem günstigeren Signalzins.
1.
Anlass und Initiative der Bundesländer
Bereits am 11.
März 2022 forderten die Bundesländern die
Bundesregierung über den Bundesrat auf,
baurechtlichen Erleichterungen für
Flüchtlingswohnraum zuzustimmen.
Diese sollten Kommunen und Ländern umfassende
baurechtliche Handlungsbefugnisse zur
Bereitstellung von Wohnraum für Geflüchtete aus
der Ukraine ermöglichen. Eine entsprechende
Entschließung hatten die Mitglieder des
Bundesrates in ihrer Plenarsitzung am 11. März
2022 gefasst. Die einstigen, zeitlich
befristeten Sonderregelungen sollten aus
aktuellem Anlass aufleben.
Konkret forderten
die Länder, eine in der letzten Flüchtlingskrise
eingeführte Sonderregel im Baugesetzbuch
kurzfristig wieder in Kraft zu setzen: Nach
§ 246 (Sonderregelungen für einzelne Länder;
Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte)
Absatz 14 des Baugesetzbuches (BauGB) konnte
bis zum 31. Dezember 2019 von den Vorschriften
des Baurechts abgewichen werden, wenn auch bei
Anwendung der sonstigen Sonderregeln für
Flüchtlingsbauten, die dringend benötigte
Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde nicht oder
nicht rechtzeitig bereitgestellt werden konnten.
Die Länder
erhoffen sich durch das Wiederaufleben dieser
Sonderregeln mehr Planungssicherheit für
Kommunen zu ermöglichen: Da derzeit nicht
abschätzbar sei, wie viele ukrainische
Kriegsflüchtlinge in der Bundesrepublik
Deutschland Schutz und Hilfe suchen, benötigten
die Kommunen umfassende
bauplanungsrechtliche Handlungs- und
Umsetzungsfreiheit zur Schaffung von
Unterkünften.
Der Bundesrat hat
diese Entschließung an den Bundestag
weitergeleitet, unter dem Titel: "Alle
Möglichkeiten zur Schaffung von
Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftseinrichtungen oder sonstigen
Unterkünften für ukrainische Geflüchtete
ausschöpfen - § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch
wieder in Kraft setzen"
Bundesrat Drucksache 105/22 (Beschluss),
11.03.2022
2.
Bundestag beschließt Änderung des BauGB
In der 26. Sitzung
des Deutschen Bundestages war es dann soweit: Am
Freitag, dem 25. März 2022, im Rahmen des
dritten Tagungspunktes beschlossen die
Abgeordneten den Gesetzentwurf anzunehmen.
Zugrunde lag die Drucksache
20/1024
in der Fassung der Beschlussempfehlung auf
Drucksache
20/1144
unter dem Titel: "Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur
Einführung von Füllstandsvorgaben für
Gasspeicheranlagen sowie zur Änderung von § 246
des Baugesetzbuchs".
Klara Geywitz,
Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und
Bauwesen.
©
Fotoquelle:
Bundesregierung/Jesco Denzel
Statement der
Bundesbauministerin Klara Geywitz.
Bundestagsbeschluss zur Änderung des § 246
BauGB:
"Wir unterstützen Länder und Kommunen schnell
und unbürokratisch bei der Unterbringung der
Flüchtlinge aus der Ukraine. Mit der
Wiedereinführung des Absatz 14 im § 246 BauGB
weiten wir die bereits bestehenden
bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten zur
vereinfachten Schaffung von Unterkünften
vorsorglich aus. Wenn eine Gemeinde nicht oder
nicht rechtzeitig Unterkünfte bereitstellen
kann, eröffnet diese befristete Ausnahmeregelung
weiteren Spielraum."
3.
Änderung des § 246 BauGB und Begründung
Quelle: Deutscher
Bundestag, Drucksache 20/1144, vom 23.03.2022.
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (25.
Ausschuss)
"Artikel 2 - Änderung des Baugesetzbuchs
§ 246 des Baugesetzbuchs in der Fassung der
Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S.
3634), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes
vom 10. September 2021 (BGBl. I S. 4147)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Absatz 14 wird wie folgt gefasst:
"(14) Soweit auch
bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend
benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der
Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht
oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden
können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen
Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 von den
Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den
aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen
Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen
werden. Zuständig ist die höhere
Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören;
diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in §
14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens.
Satz 3 findet keine Anwendung, wenn
Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren
Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz
1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und
Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt
entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz
5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige
Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die
Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30
Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung
der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in
entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz
3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger
ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn
Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag
ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3
entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum
Ablauf des 31. Dezember 2024 auf Vorhaben nach
Satz 1 keine Anwendung."
2. In Absatz 16
werden nach der Angabe "13" die Wörter "sowie
bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich"
eingefügt.
3. In Absatz 17
wird die Angabe "15 und 16" durch die Angabe "14
bis 16" ersetzt."
BEGRÜNDUNG:
Zu Nummer 3
(Artikel 2 – Änderung von § 246 BauGB)
Zu Nummer 1
(Änderung von Absatz 14)
Im Zuge der
Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine nach
Deutschland wird § 246 Absatz 14 befristet neu
eingeführt. Mit dieser Regelung greift die
Bundesregierung auch eine Initiative der Länder
im Bundesrat auf. Es wird auf die Erwägungen in
der
Entschließung des Bundesrates vom 11. März 2022
(Bundesratsdrucksache 105/22 (Beschluss))
verwiesen.
§ 246 Absatz 14
BauGB soll in der bis zum 31. Dezember 2019
bestehenden Form befristet bis zum Ablauf des
31. Dezember 2024 wiedereingeführt werden.
Mit der Vorschrift soll geregelt werden, dass
für Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige
Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
bis zum 31. Dezember 2024 von den Vorschriften
des BauGB oder den aufgrund des BauGB erlassenen
Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen
werden kann. Die Abweichungsbefugnis soll an die
Voraussetzung gebunden sein, dass auch bei
Anwendung von § 246 Absatz 8 bis 13 dringend
benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der
Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht
rechtzeitig bereitgestellt werden können.
Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde.
Mit der Regelung
soll der Handlungsspielraum der Länder und
Kommunen im Bauplanungsrecht gestärkt werden,
damit Unterkünfte für Geflüchtete zügig
geschaffen werden können. Durch die
Erleichterung der bauplanungsrechtlichen
Voraussetzungen für die Zulassung von
Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbegehrende
werden auch die entsprechenden bauaufsichtlichen
Zulassungsverfahren beschleunigt.
Zu Nummer 2
(Änderung von Absatz 16)
Zur weiteren
Erleichterung soll die Regelung in § 246 Absatz
16 auch für Vorhaben nach § 246 Absatz 14 im
Außenbereich gelten. Damit greift auch hier nach
Fristablauf die Rechtsfolge des § 18 Absatz 3
Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes, wonach die
für die Entscheidung zuständige Behörde davon
ausgehen kann, dass Belange des Naturschutzes
und der Landschaftspflege von dem Vorhaben nicht
berührt werden.
Zu Nummer 3
(Änderung von Absatz 17)
Bei der Änderung
des § 246 Absatz 17 handelt es sich um eine
redaktionelle Folgeänderung im Hinblick auf die
Änderung des § 246 Absatz 14. Es soll aus
Gründen der Klarstellung geregelt werden, dass
sich auch die in § 246 Absatz 14 vorgesehene
Befristung nicht auf die Geltungsdauer einer
Genehmigung, sondern auf den Zeitraum bezieht,
in dem insbesondere im bauaufsichtlichen
Zulassungsverfahren von den Vorschriften
Gebrauch gemacht werden kann."
Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 20/1144,
vom 23.03.2022, Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (25.
Ausschuss)
4.
Neue Chancen durch KfW-Sonderprogramm
„Sonderprogramm
Flüchtlingseinrichtungen“ unter dem Dach des
Programms IKK Investitionskredit Kommunen
(Nummer 208) mit Kredithöchstbetrag 10 Mio. Euro
zu verbilligtem Zinssatz
Die KfW gab am 23. März 2022 bekannt, dass sie
ihr zinsverbilligtes Kreditprogramm zur
Unterstützung von Städten und Gemeinden zur
Unterbringung von Geflüchteten um 250 Millionen
Euro aufstocke. Das bereitgestellte Volumen
betrage somit insgesamt 500 Millionen Euro. Das
Programm startete am 11. März 2022 und stöße auf
eine hohe Nachfrage. Bereits wenige Tage nach
Start des Programms hätten der KfW insgesamt 46
Kreditanträge mit einem Kreditvolumen rd. 235
Millionen Euro vorgelegen.
Die aufgestockte Sonderförderung für Kommunen
läuft über das etablierte Programm IKK
Investitionskredit Kommunen (208) und ist mit
einem verbilligten Zinssatz ausgestattet. Die
Laufzeit des Sonderprogramms ist bis zum
31.12.2022 befristet, sofern das Programmvolumen
nicht vorzeitig ausgeschöpft ist. Der maximale
Kreditbetrag beträgt seit 22. März 2022
grundsätzlich 10 Millionen Euro.
Infos zum KfW-Sonderprogramm www.kfw.de/208
5. Dokumente und Links zu weiteren Infos
Bundesrat Drucksache 105/22 (Beschluss),
11.03.2022
Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 20/1144,
vom 23.03.2022, Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (25.
Ausschuss)
Infos zum KfW-Sonderprogramm www.kfw.de/208
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